Mehrfachbeauftragung 1. Preis 03/2011
Realisierung (LPH 2-8) 2011-2014
Bauherr: GMS Gebäudemanagement Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Saarbrücken
BGF: 2.160 qm
Auszeichnungen:
»Respekt und Perspektive« Bauen im Bestand Preis 2016 (db)
BDA Preis Saar 2017 Auszeichnung
Bauherrenpreis 2014 der Architektenkammer des Saarlandes
Offenheit
Vor dem Umbau wurde das städtische Verwaltungsgebäude in der Gerberstraße 29 in Saarbrücken nur von der Unteren Bauaufsichtsbehörde genutzt. Im Erdgeschoss befand sich dabei ein Archiv für Gebäudeakten. Die Erdgeschosszone war daher geschlossen und vom Straßenraum aus nicht einsehbar, was das Gebäude in der Wahrnehmung von außen extrem abweisend erscheinen liess.
Beim Umbau sollten zum einen die vorhandenen Flächen effektiver genutzt werden, so dass zusätzlich auch das Vermessungsamt untergebracht werden kann. Zum anderen sollte vor allem aber auch ein räumlich attraktives Umfeld für Besucher und Mitarbeiter geschaffen werden. Dies betrifft natürlich insbesondere das Erdgeschoss mit den öffentlich wirksamen Bereichen, welches sich nach dem Umbau hin offen und transparent präsentiert. Hier entstand das Bau-Bürgerbüro als erste Anlaufstelle für interessierte Bürger. Die offene, flexible Struktur ermöglicht in Verbindung mit dem großzügigen Besprechungsraum darüber hinaus aber auch Ausstellungen oder kleinere Veranstaltungen zum Thema Baukultur.
Städtebaulich bildet das Gebäude nach der Sanierung zusammen mit dem benachbarten barocken Einzeldenkmal einen angemessenen östlichen Abschluss der Gerberstraße, was die gesamte Straße nachhaltig und spürbar aufwertet.
Struktur
Insgesamt musste das Gebäude auf den Rohbau zurückgeführt und ein niedriger Gebäudeteil im rückwärtigen Bereich abgebrochen werden. Aufwändig gestaltete sich die Verlegung des Treppenraums. Die Treppe ist nun großzügig und räumlich attraktiv an der Fassade gelegen. Aufgesetzte Gauben akzentuieren den Baukörper und ermöglichen eine uneingeschränkte Nutzung des Dachgeschosses.
Der Innenhof wurde zu großen Teilen auf das Erdgeschossniveau angehoben, was die Aufenthaltsqualität sowie den räumlichen Effekt des transparenten Geschosses zwischen Straße und Innenhof steigert. In den tiefer gelegten Teilen des Innenhofs wurde die alte St. Johanner Stadtmauer sichtbar gemacht, welche hier noch als Teil der darauf aufgemauerten Außenwände der historischen Nachgebäude erhalten ist.
In den oberen Geschossen ermöglicht die Tiefe des Gebäudes eine breite Mittelzone zwischen den Büros. Hier sind Nutzungen wie Teeküchen, Bibliothek etc. untergebracht. Diese dienen so auch als Orte der Begegnung und Kommunikation. Transparente Trennwandelemente versorgen die Bereiche mit ausreichend Tageslicht.
Materialität
Auch nach außen hin sollte sich das Gebäude seiner Nutzung und Bedeutung angemessen darstellen und einen zeitgemäßen architektonischen Ausdruck erhalten.
Die Fassade nach Norden zur Gerberstraße erhielt neben der vollflächigen Verglasung im Erdgeschoss auch in den Obergeschossen großzügige Öffnungen. Gebogene Glasscheiben betonen den Haupteingang sowie den Durchgang zum Innenhof.
Bei den Fensterelementen der Obergeschossen verspringen festverglaste Flächen gegeneinander und zeigen so auf plastische Art und Weise die neue Wandstärke nach Auftrag der zusätzlichen Wärmedämmung. Gelüftet wird über eine Lüftungsklappe im Rahmen. Aufgrund eines tragenden Stahlbeton-Überzugs im Brüstungsbereich wurden die Fenster im 1. Obergeschoss aus der Fassadenebene heraus nach außen gerückt. Dies betont - in Anlehnung an das gründerzeitliche Nachbargebäude - das erste Obergeschoss (Beletage) und gliedert so zudem dezent die Fassade.
Die Südfassade zum Innenhof weist einen moderaten Fensterflächenanteil mit einem aussenliegenden Sonnenschutz auf. Hier erhält auch die Erdgeschossverglasung einen Sonnenschutz in Form eines feststehenden Elements (Brise Soleil).
Wirtschaftlichkeit
Der Umbau musste innerhalb eines engen Kostenrahmens realisiert werden.
Dennoch sollten neben den genannten architektonischen auch die energetischen Qualitäten des Gebäudes vorbildlich für zukünftige Sanierungen der Landeshauptstadt Saarbrücken sein.
Die energetische Sanierung wurde auf Grundlage einer „energetischen und wirtschaftlichen Untersuchung von Sanierungsvarianten“ vom Ingenieurbüro Leiser aus Würzburg durchgeführt. Grundvoraussetzung war ein weit über die EnEV 2009 hinaus gehender Dämmstandard unter besonderer Berücksichtigung von Wärmebrücken. Die Wärmeversorgung erfolgt mittels Fernwärme. Auf eine Lüftungsanlage konnte verzichtet werden. Im Hinblick auf den sommerlichen Wärmeschutz wurde die Südfassade mit einem wirksamen außenliegenden Sonnenschutz ausgestattet. Zudem verfügen sämtliche Fenster in der Obergeschossen über Lüftungsklappen (raumhoch in der Leibung der Fenster zur Gerberstraße, horizontal bei den Fenstern der Südfassade zum Innenhof). Da die Bürotüren zur Mittelzone nachts offen bleiben können, wird das Gebäude im Sommer über Nacht mittels freier Lüftung gekühlt. Sämtliche Bereiche sind mit ausreichend Tageslicht versorgt. Die Beleuchtung ist abhängig vom Tageslicht gesteuert und vollständig in LED realisiert.
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