KURT 2.0 Sozialer Wohnungsbau in Wolfsburg-Detmerode

Realisierungswettbewerb 1. Preis 09/2016 nach Überarbeitung
Realisierung (LPH 1-5) 2017-2022
Bauherr: NEULAND Wohnungsgesellschaft mbH, Wolfsburg
BGF: ca. 30.000 qm
210 Wohnungen im Wohnungsmix

Stufenhochhaus
Als typische Großsiedlung der 1960er-Jahre ist das Bild des Wolfsburger Stadtteils Detmerode geprägt von einer lockeren Bebauung, die zum Rand hin von Hochhäusern akzentuiert wird. Als Bauskulptur im Norden Detmerodes markierte dabei das Stufenhochhaus von Paul Baumgarten seit 1966 den südwestlichen Stadteingang Wolfsburgs. Seinerzeit mit neuen Konstruktionsmethoden und unter Einsatz neuartiger Baustoffe errichtet, wies das Gebäude zwischenzeitlich jedoch so grundsätzliche bautechnische und konstruktive Mängel auf, dass eine Sanierung des zu diesem Zeitpunkt voll vermieteten Gebäudes nicht mehr möglich war und es im Jahr 2018 zurückgebaut werden musste.
Auf dem Grundstück entlang des Kurt-Schumacher-Rings hat die NEULAND Wohnungsgesellschaft mbH nun einen Ersatzneubau errichtet. Das neu entstandene Wohnquartier KURT 2.0 bietet 210 Wohnungen - statt der 172 im Stufenhochhaus - von denen ein Anteil von über 30% den Kriterien für öffentlich geförderten Wohnungsbau entspricht. Der Entwurf von BAYER & STROBEL ARCHITEKTEN wurde im Rahmen eines zweiphasigen Realisierungswettbewerbs mit anschließender Überarbeitungsphase ermittelt. Im weiteren Planungsverlauf konnte das Wettbewerbsergebnis dann insbesondere noch an die wirtschaftlichen Gegebenheiten des geförderten Wohnungsbaus und die Standards des Bauherrn angepasst werden.

Städtebau
Die neue Bebauung fügt sich einerseits in die vorhandene Struktur ein, ergänzt andererseits das Quartier aber auch um neue, zeitgemäße Qualitäten wie maßstäbliche Nachbarschaften oder differenzierte Außenräume. Ausgehend von den für Detmerode typischen Zeilenbauten wurde eine Struktur aus winkelförmigen Baukörpern entwickelt, die drei großzügige Wohnhöfe ausformulieren, sich aber auch zur umliegenden Bebauung hin öffnen. Das bestehende Nachbargebäude im Norden wurde mit in das Ensemble integriert und stellt die Platzwand des nördlichsten der drei Wohnhöfe dar.
Die Außenecken der Gebäude werden jeweils durch Hochpunkte betont, wobei die drei abgetreppten Hochpunkte im Westen mit 8, 11 und 14 Geschossen die Silhouette des alten Stufenhochhauses nachzeichnen und so dezent aber weithin sichtbar auf den bedeutenden Vorgängerbau verweisen.

Wohnen
Das Wohnungsangebot reicht von der Ein- bis hin zur Fünfzimmerwohnung. Die winkelförmigen Baukörper liefern dabei die Grundlage für die verschiedenen Wohnungstypen: Über-Eck-Wohnungen in den Hochhäusern, Durchwohnen in den Kopfgebäuden sowie Süd-Wohnungen in den Riegeln. Zu den Wohnhöfen hin orientierte Laubengänge gewährleisten eine wirtschaftliche Erschließung der kleineren Wohneinheiten bzw. auch der Maisonetten. Diese sind im Erdgeschoss mit kleinem Garten angeordnet.
Moderne Wohnformen finden Berücksichtigung bei den beiden Cluster-Wohnungen, wo sich innerhalb einer Wohnung jeweils fünf Micro-Appartments um gemeinschaftlich genutzte Flächen wie Gemeinschaftsküche, Loggia und Wohnzimmer gruppieren.
Als Ergänzung wird in dem neu entstandenen Wohnquartier ein umfangreiches Portfolio an zusätzlichen Services angeboten: So gibt es ein innovatives Mobilitätskonzept mit E-CarSharing und E-Lastenfahrradverleih, ökologischer Mieterstrom per Photovoltaik-Anlage, voll ausgestattete Gästewohnungen, einen Multifunktionsraum als buchbaren Nachbarschaftstreff und unterstützende Nachbarschaftshilfen, die über einen Verein organisiert werden. Darüber hinaus wird auch mit gezielten Aktionen das nachbarschaftliche Miteinander gefördert.

Außenraum
Ein umlaufender Wohnweg („loop“) verbindet die Gebäude auf übersichtliche Art und Weise miteinander und ermöglicht die Durchwegung des ganzen Quartiers - in den Riegeln über Tordurchgänge. In Verbindung mit der Anordnung aller Hauseingänge zu dem Wohnweg hin ist eine eindeutige Adressbildung gewährleistet.
Die erforderlichen Stellplätze werden im östlichen Teil des Grundstücks vollständig außerhalb der Wohnhöfe nachgewiesen. Die hier ursprünglich geplante Tiefgarage wurde im Zuge der Planung durch eine zweigeschossige Parkpalette ersetzt. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, vielmehr versorgt die Photovoltaikanlage auf dem Dach das Quartier mit Ökostrom und die Stahlkonstruktion bietet bei zukünftig verändertem Mobilitätsverhalten perspektivisch auch die Möglichkeit eines späteren Rückbaus und Recyclings.
Eine großzügige Raumhöhe im Erdgeschoss gewährleistet dennoch die städtebaulich erforderliche Durchlässigkeit. Für die Fahrräder stehen abgeschlossene Fahrradkeller mit unmittelbaren Zugängen von außen zur Verfügung.

Fassaden
Detmerode gilt als Wolfsburgs „weißer Stadtteil“. Entsprechend wurde auch die Farbigkeit der Neubauten gewählt. Die horizontale Gliederung der Fassaden stellt wiederum Bezüge zum Vorgängerbau her. Ausgeführt wurden die Fassaden mit einem hellen Klinkermauerwerk als klassische Vormauerschale. Neben den gestalterischen Qualitäten erfüllt das Material auch alle weiteren Anforderungen an die Fassade wie Wohnlichkeit, Haltbarkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Fensteröffnungen werden durch leicht zurückversetzte graue Flächen zusammengefasst und bilden das Fassadenthema prägnant in der Fernwirkung ab.


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